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Wie in keinem anderen Jahrzehnt hat sich die Rockmusik so sehr verändert wie in den 60er Jahren. Klang die Rockmusik in der ersten Hälfte des Jahrzehnts wie ein Spiegelbild der 50er Jahre, sprich RockN Roll und Rhythm & Blues, so war sie Ende der 60er Jahre dank der Vermischung allen möglichen Stilrichtungen aus Jazz, Pop, Klassik und unter der Verwendung der immer besser werdenden Studiotechnik erwachsen geworden. Aus Radio- und Jukeboxfreundlichen 2 bis 3 Minuten Liedern wurden komplexe Werke, die sich auf dem neu entdeckten Tonträgermedium Langspielplatte teilweise in seitenlanger Breite wiederspiegelte. Neben Jazzrock, Klassikrock und Psychedelic kam Ende der 60er Jahre mit dem Artrock eine weitere Spielart hinzu, deren Protagonisten u.a. Yes und Genesis gehörten.
Die 1968 gegründete Gruppe Genesis war eine der ersten Bands, die sich auf der Bühne nicht darauf beschränkte einfach ihr Programm abzuspielen, sondern das ganze mit einer theatralischen Show untermalte. Genesis startete unter ungünstigen Voraussetzungen. Weil eine andere, ältere Gruppe den Namen für sich beanspruchte, nannte sich die Gruppe kurzerhand in Revelation um. Der junge englische Produzent Jonathan King war es, der ihnen ihren ersten Plattenvertrag bei DECCA verschaffte. In der Besetzung Peter Gabriel (Gesang), Anthony Philips (Gitarre), Anthony Banks (Orgel, Piano, Gitarre), Michael Rutherford (Gitarre, Baß) und John Silver (Schlagzeug) entstand zur Jahreswende 1968/69 das Debütalbum From Genesis To Revelation. Der Titel war gut gewählt, denn so hielt die Gruppe die Optionen auf beide Gruppennamen aufrecht. Musikalisch hatte Genesis schon damals einiges zu bieten, auch wenn das im Gegensatz zu den streckenweise bombastischen Werken der 70er Jahren alles noch eher unspektakulär wirkt. Die teilweise versponnenen Texte sind eingebettet in zum Teil sanften Melodien. Obwohl die 13 Lieder insgesamt relativ kurz sind (zwischen 2:00 Minuten und 4:20 Minuten) waren (und sind!) sie nichts für den Massengeschmack. Mit Stücken wie Where The Sour Turn To Sweet, In The Beginnings, In The Wilderness oder Silent Sun deuteten Peter Gabriel & Co. schon ihr ganzes ausbaufähiges Potential aus. Da From Genesis To Revelation ein doch sehr versponnenes und für das Massenpublikum unzugängliches Werk war, ging es seinerzeit völlig unter. DECCA beließ aufgrund des Mißerfolges bei diesem einen Werk und verzichtete für die Zukunft auf Genesis. Ein falsche Entscheidung, wie die Zukunft zeigen sollte. Für die Gruppe war die Entscheidung von DECCA eher ein Glücksfall, denn wer weiß, wie es mit Genesis weitergegangen wäre, wenn sie weitere Werke für Decca, eher ein Spezialist für seichte Popmusik, veröffentlicht hätte. Ihr Wechsel zum jungen Label Charisma war für die weitere Entwicklung der Band wegweisend. Als sich ab Mitte der 70er Jahre der große Erfolg für Genesis einstellte, warf DECCA das Debütalbum unter Titeln wie Roots (angereichert mit einer Singleproduktion aus dem Jahre 1969) und The Silent Sun auf dem Markt.
From Genesis To Revelation ist ein sehr schönes, wenn auch etwas sperriges Werk, das seine Zeit braucht um zu gefallen. Im Vergleich mit den grandiosen Klanggemälden der Jahre 1970-1974 oder auch den kommerziell Werken ab 1978 wirkt es eher schlicht und bescheiden. Aber wenn man sich einmal in dieses Debüt vertieft hat, weiß es zu gefallen.
Laatst gewijzigd: 17/09/2022 21:35