The Electric Light Orchestra - The Electric Light Orchestra

"Wir fangen dort an, wo die Beatles mit „I Am The Walruss“ aufgehört haben,“ umschrieb Roy Wood das Konzept des Electric Light Orchestras. Was er damit meinte war, Rockmusik mit klassischen Elementen zu verbinden, ohne gleich auf der von Anfang an gescheiterten Klassikrockschiene zu fahren. Beim Electric Light Orchestra ging Roy Wood nicht darum, klassische Melodien durch Rockelemente aufzupeppen, sondern Rockmusik mit Elementen und Strukturen der klassischen Musik zu verbinden. Im Moment klingt das als ziemlich hochgegriffenes und verwegenes Ziel, aber wenn man Roy Woods musikalischen Werdegang einmal beleuchtet, schien bei ihm nichts unmöglich. Mit seiner Band The Move war er seit 1967 sehr erfolgreich und er –Roy Wood war nun mal der Kopf von The Move- war für musikalische Überraschungen immer gut. Um seine musikalischen Ideen zu verwirklichen rief er 1971 zusammen mit seinen Move Kollegen Jeff Lynne und Bev Bevan sowie mit Bill Hunt und Steve Woolam das Electric Light Orchestra ins Leben. Auch wenn Anfang der 70er Jahre musikalisch alles möglich war, so war das ELO Debütalbum von 1972 schon mehr als gewagt. Trotzdem stieß es bei Kritikern und Publikum auf großes Interesse. Gleich mit der ersten Single „10538 Overture“, gleichzeitig der Opener des Debütalbums, gelang der Gruppe ein optimaler Einstand: Das Stück kam immerhin bis in die britischen Top 10. Trotz aller Extravaganz geht das mitreißende Stück mit seinem satten Rockrhythmus und seinen sägenden Cellos gut ins Ohr. „Look At Me“ erinnert wie Kopie des Beatles Klassikers „Eleanor Rigby“. „Nellie Takes Her Bow“ wirkt in den Gesangspassagen balladenhaft, während die von Streichern und Bläsern dominierten Instrumentalpassagen absolut schräg klingen. Wer auf abgefahrene Musik steht, der wird an dieser Nellie seine helle Freude haben. Noch weitaus abgefahrener klingt das herrlich skurille „Battle of Marston Moor (July, 2nd 1644)“, das schon mehr nach Neo-Klassik als nach Rockmusik klingt. Das Instrumental „1st Movement“ klingt wie eine Kopie von Mason Williams Klassiker „Classical Gas“. „Mr. Radio“ klingt wie eine Vorlage vieler späterer ELO Hits, was nicht zuletzt an Jeff Lynnes markanter Stimme liegt. Für Freunde abgefahrener Instrumentalmusik dürfte das schräge „Manhattan Rumble (49th St. Massacre)“ ein echter Leckerbissen darstellen. Fernab von kommerziellen Denken zelebrieren die ELO’s eine Ansammlung schräger Klangideen als musikalische Einheit. Abseits aller damaligen Normen bewegt sich auch „Queen Of The Hours“, das mit einer Geige und sägenden Cellos durchsetzt ist. Wäre „Whispers In The Night“ kommerziell eingespielt, wäre es mit Sicherheit eine nichtssagende Schnulze. Aber das schräge Arrangement macht das Stück einzigartig. So einzigartig, wie das gesamte Album (das es übrigens auch unter dem Titel „No Answer“ gibt). Es ist, wie bereits erwähnt, für die damalige Zeit ein sehr gewagtes Experiment. Das es dennoch ein kommerzieller Erfolg wurde, spricht für die Klasse der Musik, die nebenbei noch ziemlich zeitlos daherkommt. Für Freunde abgefahrener 70s Rockmusik ist dieses Juwel unbedingt zu empfehlen.